Steven Billich: "Wir verstehen uns blind"
Steven Billich im Interview
Wir verstehen uns blind. So beschreibt Steven Billich das Erfolgsrezept der zweiten Sturmreihe der Wölfe. Brauchen die jungen Wilden keine erfahrenen Spieler in ihrer Reihe? Ist es lästig oder spornt es an, wenn der ältere Bruder mit einem in einer Mannschaft spielt? Und wie groß ist denn der Unterschied zwischen der zweiten und dritten Liga? Steven Billich hat es gegenüber unserem Stadionmagazin EHC-Live verraten – das Interview von Stephan Neumann nach dem Match gegen Schweinfurt haben wir nun für Euch online gestellt.
EHC-Live: Der Tabellen-Neunte erzielt gegen euch, den Spitzenreiter, im dritten Drittel den Ausgleich und selbst der Trainer sagt anschließend, eine Niederlage wäre möglich gewesen…
Billich: Da sieht man, dass Schweinfurt ein super Team mit drei sehr guten Reihen hat, das weiter oben mitspielen könnte. Nach den zwei schnellen Toren im ersten Drittel haben wir uns etwas zu sicher gefühlt und dann im zweiten Drittel in der Defensive schwach gespielt…
EHC-Live: …aber in fast jeder Pressekonferenz betont der Trainer: Die Jungs dürfen die Gegner nicht unterschätzen, und auch bei einer Zwei-, Drei-Tore-Führung müssen sie weiter gut nach hinten arbeiten.
Billich: Das kommt aus dem Spiel heraus. Schweinfurt hat im ersten Drittel nicht so gut gespielt, haben sich kaum Chancen erarbeitet. Wir hatten die im Griff und da wird man eben etwas zu überheblich. Das kann passieren, wenn es auch nicht passieren darf. Das haben wir dann mit dem Ausgleich zu spüren bekommen. Aber wir haben noch mal Gummi gegeben und gemeinsam den Sieg geholt.
EHC-Live: Warst du bei deinem Treffer zum 3:2 selbst überrascht, dass der ins Tor gegangen ist?
Billich (grinst): Ich bin halt zum Tor gezogen und habe die Scheibe solange bearbeitet, bis sie drin war.
EHC-Live: Zu Beginn der Saison hatte der Trainer Reihen zusammengestellt, in denen auch immer ein älterer, erfahrener Spieler war. Doch bereits seit dem zweiten oder dritten Spiel bildest du (20 Jahre) mit Nikolas Linsenmaier (20) und Tobias Kunz (24) den zweiten Sturm. Braucht ihr keine Erfahrung?
Billich (lacht): Ich glaub’, wir kommen ganz gut ohne aus. Nein, Spaß beiseite. Nico und ich spielen seit wir drei sind zusammen Eishockey und verstehen uns blind. Und wir kennen auch den Tobi schon sehr lange, weil wir eben alle drei Freiburger Jungs sind. Es macht einfach Spaß mit den beiden zu spielen.
EHC-Live: In der vergangenen Saison waren alle auf den Rängen und auf dem Eis über eure vielen Tore und eure gewitzten Spielzüge überrascht. Täuscht der Eindruck, dass ihr euch trotz der Tore, die ihr ja nach wie vor liefert, schwerer tut?
Billich: Wir haben schon bemerkt, dass die Gegner jetzt auch gegen uns die besseren Verteidiger aufs Eis schicken. Aber wir hatten auch in den letzten Spielen etwas Pech, da wollte die Scheibe nicht so wie wir. Aber die zwei Tore von Nico gegen Erding und meine beiden gegen Schweinfurt lassen doch hoffen, dass der Knoten geplatzt ist.
EHC-Live: Du hast die letzten beiden Spielzeiten für Heilbronn in der zweiten Liga gespielt. Gute Erfahrung?
Billich: Auf jeden Fall! Auch wenn Heilbronn in den letzten Jahren in den Playoffs nicht so glücklich aussah, ist der Club eine gute Adresse. Andere, gerade auch ältere Spieler, die einem einiges zeigen, ein neues Umfeld, das sind für einen jungen Spieler wie mich wichtige Erfahrungen.
EHC-Live: Kannst du diese Erfahrungen aus der zweiten Liga auch für die Oberliga nutzen oder sind das ganz verschiedene Arten Eishockey zu spielen?
Billich: Es gibt schon große Unterschiede, was aber auch an der Rolle liegt, die man in der Mannschaft hat. In Heilbronn hat mir der Trainer gesagt, was ich machen soll, mich viel stärker geführt. In Freiburg – da bin ich dem Coach sehr dankbar – habe ich vor allem in der Offensive viel mehr Freiheiten. Natürlich gibt es auch hier defensiv ganz klare Aufgaben, an die ich mich halten muss. In Heilbronn durfte ich in als Spieler in der vierten Reihe nicht mein Spiel entfalten und den Abschluss suchen. Meine Aufgabe war ganz klar, kein Tor zu kassieren. Fürs Tore schießen waren aber andere da.
EHC-Live: Hättest du nicht gerne in der zweiten Liga Fuß gefasst?
Billich: Ich sehe das hier in Freiburg als große Chance. Wer kann schon so jung in der zweiten Reihe bei so einem geilen Club spielen? Ich bin auf keinen Fall traurig, dass ich nicht in der zweiten Liga spiele. Es gab ja Angebote, aber ich hab’ mich da bewusst für die Wölfe entschieden, um einfach mehr Spielpraxis zu bekommen. In Heilbronn saß ich ja auch oft auf der Bank.
EHC-Live: Du hast ja auch noch einen älteren Bruder. War der für dich Ansporn oder hat es dich frustriert, dass es da immer einen gab, der schon weiter, schon besser war?
Billich: Es war für mich immer ein Ansporn dem Chris hinterherzukommen und am besten ihn noch zu toppen. Das wird zwar schwer, aber ich arbeite weiter hart dran. Wir beide reden viel miteinander, stehen im ständigen Austausch. Als wir in Heilbronn zusammen gespielt haben, da gab’s dann schon mal einen Rüffel, wenn ich die Leistung nicht gebracht oder Mist gebaut habe. Aber er hat mich auch gelobt, wenn es gut lief, das baut auf.
EHC-Live: Wie geht es ihm denn jetzt bei den Kassel Huskies?
Billich: Auch wenn er eigentlich in Freiburg spielen wollte, fühlt er sich dort wohl.
EHC-Live: Habt ihr schon Wetten abgeschlossen, wann ihr in den Playoffs aufeinander trefft?
Billich: Ich hab ihm schon gesagt, er soll sich mal ein paar Sorgen machen, ob sie es überhaupt so weit bringen. Bei uns sieht es ja gut aus. Nein, ernsthaft: Wir müssen in Freiburg den Ball flach halten. Wenn wir so weiter spielen, dann ist es super. Aber wird dürfen uns nicht zu sicher fühlen. Bisher haben wir nichts erreicht, ganz egal, ob wir da gerade ganz oben stehen.
EHC-Live: Du redest ja nicht nur nach dem Spiel beim Interview, sondern unterhältst dich gerne auch auf dem Eis mit den Gegenspielern. Was erzählst du denen denn so?
Billich: Meistens kommen da Provokationen von den anderen und denen drücke ich dann auch mal einen Spruch rein. Das gehört beim Eishockey dazu. Damit will der Gegner einen eben aus dem Rhythmus bringen, aus dem Spiel nehmen. Aber es wird hart gespielt und danach gibt man sich wieder die Hand.
EHC-Live: Hat der Trainer schon was gesagt?
Billich: Er sagt, ich soll nicht drauf eingehen. Aber es fliegen einem eben doch häufiger blöde Sprüche und deftige Worte um die Ohren, da lässt man sich mal zu einer Retourkutsche hinreißen.
EHC-Live: Viele Oberligaspieler sichern sich mit einer Ausbildung oder einem Beruf neben dem Eishockey ab. Wie ist das bei dir?
Billich: Ich konzentriere mich voll auf den Sport. Was die Zukunft bringt, wird man sehen.
EHC-Live: Was ist dein Ziel, wo willst du hin?
Billich: Am besten mit Freiburg zuerst in die zweite Liga und dann in die DEL. In der Deutschen Eishockey Liga zu spielen, ist auf jeden Fall das große Ziel von mir. Mir ist aber auch klar, dass ich dafür im Moment erst einmal in der Oberliga hart arbeiten und auf den Boden bleiben muss.
EHC-Live: Viel Glück!