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05.10.2018

Sieg in Kassel - Freiburg wird zum Hessen-Schreck

Erst Bad Nauheim, dann Frankfurt, nun Kassel - innerhalb kürzester Zeit gelingt es dem EHC Freiburg, alle drei hessischen Vetreter der DEL2 zu besiegen.

Das Spiel in einem Satz
In einem von Freiburger Seite sehr taktisch geprägten Spiel legen die Wölfe eine starke Defensivleistung hin und erarbeiten sich – trotz fünfminütigem Unterzahlspiel kurz vor Schluss – ein verdientes 1:1 nach 60 Minuten, das sie dann im Penaltyschießen in einen 2:1-Sieg und zwei Auswärtspunkte umwandeln.
 
Der Gegner
Der Meister von 2016 blickt  auf eine – für einen Titelfavoriten – letztlich enttäuschende Saison 2017/18 zurück, die in einem Playoff-Aus gegen Frankfurt nach einer 2:0-Spiele-Führung mündete. Das von Trainer Rico Rossi so betitelte „Auf und Ab“ ließ sich nach sehr gutem Saisonstart (12 Punkte aus sechs Spielen) in der vergangenen Woche wiederfinden, die ihrerseits eine Art Achterbahnfahrt darstellte: Nach einem 8:3-Kantersieg beim amtierenden Meister Bietigheim setzte es am Mittwoch eine herbe Heimniederlage gegen die ungeschlagenen Ravensburger – 2:6 hieß es auf eigenem Eis.
 
Die Wölfe
In Hinblick auf das vergangene Wochenende ging der EHC (der ohne den verletzten Marvin Neher nach Kassel reiste) mit einigen Fragen in das heutige Spiel: Können Matthias Nemec und die Defensive die Wölfe erneut in einem Aufeinandertreffen gegen eine Spitzenmannschaft (die im Schnitt bisher knapp fünf Tore pro Spiel erzielt hat) im Spiel halten – und gar zum Sieg führen? Und: Wird es einer Freiburger Sturmreihe – wie der Wittfoth-Reihe mit ihrem Doppelschlag gegen Frankfurt oder der Linsenmeier-Reihe im finalen Aufbegehren gegen Kaufbeuren – gelingen, entscheidende Akzente zu setzen … und nach 77 torlosen Minuten für die Wölfe wieder einen Treffer zu erzielen?
Die Antworten lauteten, „Ja!“ – das eine Tor, das die Freiburger in den regulären 60 Minuten erzielten, kam jedoch nicht von den „üblichen Verdächtigen“, sondern von einem Neuzugang.
 
Die Taktiktafel
Der EHC spielte erneut ein sehr starkes Defensiv-Eishockey, das seinen Ausgangspunkt im Forechecking nahm: Trainer Leos Sulak begann mit einem sehr auf Vorsicht bedachten 1-2-2-Forechecking. Dabei arbeitete bewusst immer nur ein Stürmer gegen die sich in Scheibenbesitz befindenden Kasseler nach vorne, während zwei  andere Wölfe den Weg ins Freiburger Drittel über die Bande zumachten.
Im zweiten Drittel wurde dieses Forechecking etwas aggressiver. Des Öfteren war nun zu beobachten, dass auch ein zweiter Stürmer die Huskies früh störte. Diese Marschroute behielten die Wölfe im weiteren Spielverlauf bei – gegen die erste Kasseler Sturmreihe ging Sulak jedoch in ein vorsichtigeres Forechecking zurück, bei dem gleich vier Freiburger die eigene blaue Linie dicht machten.
Als Resultat dieser Strategie fiel es den Freiburgern leicht, stabil im eigenen Drittel zu stehen und geplante Positionen einzunehmen ohne von den schnellen Kasselern überrollt zu werden. Die Wölfe blieben in der Verteidigung konsequent an ihren Gegenspielern, machten Laufwege zum Tor zu und erarbeiteten sich einige Ungenauigkeiten im Passpiel der Huskies.
 
Die Schlüsselminuten
Der Führungstreffer der Wölfe fiel in einer äußerst interessanten Spielphase: Nach einem starken Freiburger Start in das zweite Drittel kam Kassel plötzlich besser ins Spiel – doch ausgerechnet dann schaffte es Ryon Moser in der 31. Minute durch seinen ersten Treffer als Freiburger die zu diesem Zeitpunkt fast zwei Spiele (109 Minuten) andauernde Tor-Durststrecke der Wölfe zu beenden.
Doch damit endete die Druckphase der Huskies nicht: Die vermeintliche Antwort der Nordhessen kam nämlich nur zwei Minuten später, als der gefährliche Richard Müller – dem in dieser Saison bereits ein Hattrick gelungen war – den Kanadier Matthew Neal direkt vor dem Freiburger Tor anspielte – doch wie so oft in dieser Saison war Matthias Nemec zur Stelle.
Ein direkter Gegentreffer hätte für den EHC in dieser Situation mit Sicherheit äußerst deprimierend gewirkt – und der kurz darauf folgende, fast schon unvermeidbare Überzahltreffer der Kasseler (39. Min.; s.u.), hätte den EHC in einen Rückstand befördert und gezwungen, seine so gut funktionierende defensive Marschroute aufzugeben.  
 
Keine Entscheidung in 60 (und auch nicht 65) Minuten
Beinahe hätte ein unglückliches Foul in der 57. Minute dafür gesorgt, dass der EHC punktlos – oder mit nur einem Punkt – in Kassel das Eis verlässt: Ausgerechnet der das ganze Spiel über so hart aber dennoch fair  arbeitende Dennis Meyer musste aufgrund eines etwas unglücklichen Checks mit Verletzungsfolge eine Fünf-Minuten-plus-Spieldauer-Strafe absitzen. Dieses Unterzahlspiel war es, das der regulären Spielzeit ein dramatisches Ende und der Verlängerung einen dramatischen Anfang bereitete: Die Wölfe erkämpften sich in Unterzahl somit nicht nur die Verlängerung (und den damit einhergehenden Punktgewinn), sondern retteten sich in der 4-gegen-3-Unterzahlsituation in der Verlängerung ins Penaltyschießen – in dem sie dann einen zweiten Tabellenpunkt einfuhren: Um dorthin zu kommen bedurfte es eines geblockten Schusses von Philip Rießle, einer Rettungsaktion von Matthias Nemec, der einem Kasseler die Scheibe vom Schläger stocherte, und des berühmten Glücks des Tüchtigen, das dafür sorgte, dass ein Kasseler Schuss nur die Latte traf.
 
Der Wolf des Abends
Auch wenn die offensichtliche Wahl hierbei auf einen der beiden Torschützen oder Matthias Nemec fallen könnte, ist es ebenso passend, in einem defensiv geprägten Spiel einen Verteidiger hervorzuheben: Bevor Dennis Meyer nämlich – wie oben beschrieben – beinahe auf unglückliche Weise in die Rolle des Sündenbocks gerutscht wäre, lieferte er ein starkes Spiel ab: In einer frühen Druckphase der Kasseler, die in der 7. Spielminute begann, war er an zwei brenzligen Situationen vor dem Freiburger Tor beteiligt, im Rahmen derer er eine Chance von Toni Ritter durch geschicktes Lupfen des gegnerischen Schlägers vereiteln konnte. In der 10. Minute feuerte er von der blauen Linie einen gefährlichen Schuss auf das gegnerische Tor von der blauen Linie ab – und prägte so die erste Drangphase der Wölfe mit. Und in der oben erwähnten gefährlichen Powerplay-Situation der Huskies im zweiten Drittel – die letztlich in deren einzigem Tor mündete – gelang es ihm, in der größten Druckphase einen Schuss zu blocken.
 
Das Teamplay des Abends: Philip Rießles Scheibengewinn der besonderen Art
Neuzugang Ryon Moser gelingt am heutigen Abend sein erster Treffer im Dress der Wölfe! Die knapp 20 mitgereisten EHC-Fans, die Spieler auf dem Eis und die ganze Wölfe-Bank jubeln – aber der Kapitän sieht selbst in dieser Situation für sich eine Aufgabe im Dienste der Mannschaft: Bevor nämlich der Linienrichter den Puck aus dem Tor nehmen kann, um das Spiel wiederzueröffnen, schnappt sich Philip Rießle den Puck, verstaut ihn auf der Freiburger Bank und sorgt somit dafür, dass Ryon Moser für immer eine greifbare Erinnerung an sein erstes Tor für den EHC in der Hand haben kann.
 
Wer es genauer wissen will: Der Reihe nach
Das Spiel begann zunächst ohne nennenswerte Torchance. Freiburg stand kompakt in der Defensive und verteidigte das eigene Tor durch gutes Stellungsspiel im eigenen Drittel.
Nach einer kurzen Druckphase der Kasseler zeigten sich in den Minuten 8 bis 13 vor allem die Wölfe; nennenswert waren hierbei ein Schlenzer von Stephan Seeger und ein Schuss von Dennis Meyer, den Ryan Moser vor dem gegnerischen Tor gefährlich abzufälschen versuchte.
Dann eine Schrecksekunde für den EHC: In der 14. Minute trifft Förderlizenzspieler Alexander Karachun im Alleinzug gegen drei Freiburger das Lattenkreuz.
Im weiteren Verlauf wechselten sich starke Angriffsphasen ab. Freiburg sah dabei seine beste Chance durch einen Alleingang von Niko Linsenmeier und den sich direkt anschließenden Abpraller nach einem Schuss von Alexander Brückmann, den Tobi Kunz nicht verwerten kann.
Brückmann war es dann auch, der auf der anderen Seite kurz vor der Pausensirene eine Chance von Sam Povorozniouk vereitelte.
Auch wenn zu Beginn des zweiten Drittels viele Aktionen auf beiden Seiten zwischenzeitlich wie Gestochere wirkten, so gehörten die ersten sieben Minuten dieses Spielabschnittes klar den Wölfen: dabei erarbeiteten sie sich drei Chancen über rechts: eine Direktabnahme von Philip Rießle, ein Schlenzer von Radek Havel und ein gefährlicher Querpass von Tobi Kunz durch das Kasseler Drittel – und schließlich das 0:1 durch Ryon Moser.
Im ersten Powerplay des Spiels hielt Freiburg dann den Puck fast die gesamten zwei Minuten im Angriffsdrittel; symptomatisch für dieses defensiv geprägte Spiel gehörte die beste Chance dabei jedoch Kassel – in Form eines Konters von Tyler Gron. Direkt nach Ablauf des Powerplays hatten die Wölfe aber eine gute Chance durch einen Pass von Linsenmeier, der aus einer Position hinter dem Tor der Nordhessen Christian Neuert anspielen konnte.
In der 39. Minute gelang Kassel der Ausgleich als Resultat eines starken Powerplays, in dem die Huskies den Puck fast über die gesamten zwei Minuten im Freiburger Drittel halten konnten. Eine kurze zwischenzeitliche Befreiung aus dem eigenen Abwehrdrittel wollten die erschöpften Freiburger Penaltykiller für einen überfälligen Wechsel nutzen – fuhren sich dadurch aber einen Konter ein, den Jens Meilleur zum 1:1 verwandelte.
Das diszipliniert geführte Spiel der Freiburger hielt auch im letzten Drittel an und sorgte für viele ungenaue Pässe auf Seiten der Gastgeber. Die Torchancen für Freiburg ergaben sich allesamt durch gutes Defensivspiel und daraus resultierenden Scheibengewinnen. Diese erarbeiteten sich die Freiburger vor dem Kasseler Tor (Stas in der 43. Minute), an der blauen Linie (Neuert, 46.), im eigenen Drittel in Form eines Konter-Alleingangs (Stas, 49.) und zuletzt in Unterzahl (Wittforth 59.).
Nach der oben beschriebenen torlosen Verlängerung verbuchte im Penaltyschießen Niko Linsenmeier den einzigen Treffer, während Matthias Nemec alle drei Versuche der Huskies parierte.
 
Ausblick
Am Sonntag um 18.30 Uhr treffen die Wölfe in der Franz-Siegel-Halle auf den Aufsteiger Deggendorf, der vor dem heutigen Spieltag zwar erst zwei Punkte hatte verbuchen können, zeitgleich zum Wölfe-Spiel aber im Kellerduell gegen Bayreuth auf heimischem Eis mit 7:5 siegreich war.

Tore:
0-1 (30:48) Ryon Moser (Philipp Rießle)
1-1 (38:44) Jens Meilleur (Richard Mueller, Alexander Heinrich - 5:4)
1-2 (65:00) Nikolas Linsenmaier (Game Winning Penalty)

Strafzeiten: Kassel 4, Freiburg 27
Schiedsrichter: Mischa Apel, Fynn-Marek Falten / Jonas Dietrich, Hendrik Pernt
Zuschauer: 2.555

Die Freiburger Aufstellung:
Nemec (Meder)
Meyer, Havel / Wittfoth, Baptista, Herm
Miner Barron, Brückmann / Neuert, Linsenmaier, Kunz
Rießle, Maly / Seeger, Saccomani, Stas
Bauhof / Moser, Bräuner, Cihak

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