161119 Riessle
19.11.2016

"Ich bin bekennender Bartträger"

Im „Interview der Woche“ stand Philip Rießle del-2.org Rede und Antwort. Der Kapitän des EHC Freiburg ist sowohl auf als auch neben dem Eis ein Vorbild. Unverwechselbar dabei sein Bart – ein Zeichen der Stärke.

Herr Rießle, es ist bereits Ihre vierte Spielzeit als Kapitän. Wie sehen Sie Ihre Rolle in der Mannschaft?

Meine Aufgabe ist es, die Mannschaft zu führen. Ich gehe mit vollem Einsatz und Kampfgeist voran. Das ist mir sehr wichtig. Wir müssen in jedem Training und jedem Spiel an unsere Leistungsgrenze gehen. Wichtig ist auch, dass die Stimmung im Team gut ist. Gerade jetzt, wo es nicht so gut läuft, muss es untereinander passen. Das tut es auch.

Das erste Drittel in der Saison ist Geschichte: Was haben Sie sich mit dem EHC Freiburg in der laufenden Spielzeit vorgenommen?

Wir sind gut in die Saison gestartet. Momentan haben wir allerdings eine schwächere Phase. Oftmals sind unsere Fehler Kleinigkeiten, die dann das Spiel gegen uns entscheiden. Das Pech kommt auch noch hinzu. Das entsprechende Glück müssen wir uns wieder erarbeiten. Das ist uns bewusst. Es bringt aber auch nichts, sich zu viele Gedanken zu machen, ob wir uns in einer angeblichen Krise befinden oder nicht. Wir müssen von Spiel zu Spiel schauen, gemeinsam gestärkt aus dieser Zeit gehen und punkten. Unser Ziel ist und bleibt der Klassenerhalt. Wir kommen aus der Schwächephase wieder heraus.

In der Saison 2011/2012 sind Sie trotz schwieriger Zeiten nach Freiburg zurückgekehrt. Von der Regionalliga führte der Weg dann über die Oberliga bis in die DEL2. Was macht den Standort aus?

Zunächst: Es ist fantastisch, was in den letzten fünf Jahren in Freiburg wieder aufgebaut wurde. Nach der Insolvenz mussten wir wieder in der Regionalliga anfangen. Das ganze Vorstandsgremium um Werner Karlin macht einen hervorragenden Job. Freiburg ist wie eine große Familie, die Fans stehen hinter dem Club. Das ist wichtig und ein Grundstein, warum wir es soweit geschafft haben. Es ist toll ein Teil davon zu sein. Eine wichtige Komponente ist sicher auch, dass der Kern der Mannschaft auch aus Freiburgern besteht, die den kompletten Weg mitgegangen sind.

Unter Trainer Leos Sulak spielen Sie vor allem in der Verteidigung. Wie kam es zu dieser Positionsänderung? Stellte es eine große Umgewöhnung dar?

Im Nachwuchsbereich habe ich bereits als Verteidiger gespielt und wurde dann zum Stürmer umgeschult. In dem Jahr, als Leos Sulak nach Freiburg kam, hatten wir in einen Verteidigerengpass. In der Vorbereitung hat der Coach mich dann als Verteidiger getestet. Das hat ganz gut funktioniert. Seitdem agiere ich wieder als Verteidiger. Es hilft dabei sicher, dass ich auch schon früher als Stürmer eher defensiv orientiert war. Von daher war es keine große Umstellung für mich.

Sie arbeiten Vollzeit im Außendienst eines Glasproduzenten. Wie gelingt es Ihnen, den Eishockeysport und Ihren Job unter einen Hut zu bringen. 

Das Ganze geht natürlich nicht ohne Leidenschaft. Beides macht super viel Spaß. Eishockey bestimmt schon immer mein Leben. Ich spiele seit ich fünf Jahre alt bin aktiv im Verein. Als ich 2011 wieder nach Freiburg kam, hat es sich zur Regionalligazeit ergeben, dass ich auch parallel einen Job ausüben konnte. Ich habe zuvor mein duales Studium abgeschlossen und dann im Umland von Freiburg im Glashandel einen Job gefunden. Mein Chef war früher Nachwuchsleiter beim EHC Freiburg. Dadurch hat er auch eine große Affinität zum Eishockey, hält mir komplett den Rücken frei. Zum Auswärtsspiel in Dresden am Mittwoch habe ich einen Urlaubstag nehmen müssen, aber sonst gibt es nie Probleme. Auch meine Arbeitskollegen stehen hinter mir. Ebenso gibt mir der EHC Rückendeckung, wenn ich mal bei einem Vormittagstraining nicht dabei sein kann. Ich möchte keinen Teil des Lebens missen.

Am Ende bleibt Ihnen wenig Zeit für die Regeneration. Wie und wo kann sich Philip Rießle am besten erholen?

Regeneration ist sehr wichtig. Ich gehe zum Beispiel, wenn wir montags einen freien Trainingstag haben, in die Sauna und auch relativ früh zu Bett. Bei einem 40-Stunden Job und Eishockey muss dem Körper auch die nötige Ruhe gegönnt werden. Auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle.

Im Sport gibt es das Motto „Wer rasiert – verliert“:  Ist auch Ihr Bart aus einem Anlass heraus entstanden und sind Sie jetzt bekennender Bartträger?

(lacht) Vor eineinhalb Jahren hat es in den Playoffs zum Aufstieg aus der Oberliga angefangen. Volles Haar ist mir leider nicht mehr gegeben. Da dachte ich mir: warum mal nicht etwas Anderes. Nach den Playoffs habe ich den Bart erstmal stehen lassen. Zwischenzeitlich habe ich ihn dann doch nochmal wegrasiert, bin aber zu dem Entschluss gekommen, dass es mit Bart doch besser aussieht. Seit letztem Jahr wächst er wieder - und braucht viel Pflege. Ich gehe jeden Monat zum Barbier und bin mittlerweile tatsächlich bekennender Bartträger.

Was bedeutet Ihnen die Unterstützung der Freiburger Anhänger?

Die Fans waren in den letzten Jahren bombastisch. Am Sonntag fährt der Sonderzug nach Bietigheim– mit fast 400 Fans. Das ist toll. Die tolle Entwicklung in Freiburg hat schon in der Regionalliga angefangen und sich immer mehr gesteigert. Wir haben auch den Stamm an Fans deutlich erhöhen können. Gerade haben wir eine Schwächephase und da ist es verständlich, dass die Fans auch mal unzufrieden sind. Das ist ihr gutes Recht.

Quelle: del-2.org

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